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Ausgabe 01/2023
Gesundheit 01/2023
Eine Frau sitzt angezogen auf einer Toilette und hält sich den Bauch vor Schmerzen.

Reizdarm – wenn der Darm gestört ist

Ständig Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall – aber organisch ist alles in Ordnung? Viele Betroffene werden mit der Diagnose „Reizdarm“ nach Hause geschickt und fühlen sich allein gelassen. Wir zeigen Ihnen, was es mit dem Reizdarmsyndrom auf sich hat, und geben Ihnen Tipps zum Umgang mit der Erkrankung.

Immer wieder Völlegefühl und Bauchkrämpfe, jede Mahlzeit gleicht einer Mutprobe, die nächste Durchfallattacke macht sich schon bemerkbar und die ständige Suche nach der nächsten Toilette führt zu Erklärungsnot – Situationen wie diese kennen Reizdarmpatienten nur zu gut. Zwar ist der Reizdarm für Betroffene nicht gefährlich, er beeinträchtigt den Alltag und die Lebensqualität jedoch erheblich. Was ist eigentlich ein Reizdarm? Welche Ursachen gibt es und was können wir tun? Es ist Zeit, über Verdauungsprobleme zu sprechen.

Wie lässt sich ein Reizdarm erkennen?

Von einem Reizdarm spricht man, wenn anhaltende Bauchschmerzen, Blähungen, eine wechselnde Stuhlfrequenz (Durchfall oder Verstopfung) oder eine abweichende Stuhlkonsistenz (sehr weich, sehr hart) länger als drei Monate auftreten. Wichtig ist, dass Erkrankungen und organische Ursachen vom Arzt durch eine Blut- und Stuhluntersuchung, einen Ultraschall sowie eine Magen- und/oder Darmspiegelung (zusätzlich bei Frauen: gynäkologische Untersuchung) ausgeschlossen wurden. Auch Tests auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten können Aufschluss über die Ursachen der Beschwerden geben.1

Reizdarm – eine Ausschlussdiagnose

Die Diagnose Reizdarm ist eine Ausschlussdiagnose, die Betroffene oft ratlos und frustriert zurücklässt – wie soll man die Beschwerden lindern, wenn es keine Ursache gibt? Durch das Fehlen körperlicher Ursachen fühlen sich Betroffene häufig nicht ernst genommen und auf psychische Probleme reduziert. Auch wenn die Ursache des Reizdarmsyndroms nicht eindeutig ist – Fakt ist, dass bei Betroffenen die Bewegungsabläufe im Darm gestört sind, Reize stärker wahrgenommen werden und der Leidensdruck hoch ist. Frauen sind doppelt so häufig von dieser Funktionsstörung betroffen wie Männer.2

​​​​​​​Hohe Belastung im Alltag

Reizdarmbeschwerden reichen von Bauchschmerzen und Blähbauch bis hin zu ständigem Stuhldrang, Durchfall oder aber dem Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung. Die Beschwerden sind im Alltag omnipräsent und mindern auf Dauer die Lebensqualität. Aus ständiger Angst vor der nächsten Durchfallattacke kreisen die Gedanken pausenlos um den Reizdarm und schränken ein normales Alltagsleben ein: Werde ich diese Mahlzeit vertragen? Wo ist die nächste Toilette? Wie erkläre ich mich meinen Freunden und Kollegen? Viele Betroffene ziehen sich zu Hause zurück, wo sie im Zweifel in Ruhe und ohne Erklärungsnot die Toilette aufsuchen können. Soziale Aktivitäten werden – häufig auch aus Scham – vermieden. Das erzeugt Stress, der sich negativ auf den Bauch auswirkt und wiederum Symptome hervorruft. Ein Teufelskreis.

Die Rolle der Ernährung

Eine Ernährungstherapie kann helfen, die Symptome zu kontrollieren und zu lindern. Generelle Ernährungsempfehlungen bei Reizdarm gibt es nicht, sofern keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorliegen. Hilfreich ist es, einige Zeit ein Ernährungs- und Symptomtagebuch zu führen, um Auslöser zu identifizieren.

Eine FODMAP-arme Ernährung kann zudem Linderung erzielen. Die Abkürzung FODMAP steht für „fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole“ und meint kurzkettige Kohlenhydrate wie z. B. Süßigkeiten, Weizen oder Milchprodukte, die vom Dickdarm schnell verstoffwechselt werden und Durchfall und die Bildung von Gasen begünstigen.1 Inwiefern eine solche Diät angemessen ist, sollte individuell mit dem Hausarzt oder einem Ernährungsmediziner besprochen werden.

Tipps bei Reizdarm

  • Natürliche Lebensmittel ohne künstliche Zusatzstoffe, z. B. frisches Gemüse und Obst, regen eine gute Verdauungsleistung an.
  • Ballaststoffe wie Vollkornprodukte, Haferflocken und Lein- und Flohsamen fördern die Gleitfähigkeit des Stuhls.
  • Rohkost, Salat und Obst sollten nicht am Abend gegessen werden, da dies den Darm überfordert.
  • Scharfe Gewürze und blähende Lebensmittel (z. B. Zwiebeln, Kohl) sollten mit Bedacht gegessen werden.
  • Auf reizende Stoffe wie Alkohol, Tabak und Koffein sollte verzichtet werden.
  • Eine Low-FODMAP-Diät sollte mit dem Hausarzt oder einem Ernährungsmediziner besprochen werden.
  • Langsam und in Ruhe essen, gut kauen: Die Nahrung wird so bereits im Mund vorverdaut und entlastet Magen, Dünndarm, Bauchspeicheldrüse und Galle.
  • Es ist gut, regelmäßig und zu festen Zeiten zu essen und dabei kleinere Portionen zu sich zu nehmen.
  • Viel trinken: Es sollten mindestens zwei Liter stilles Wasser oder ungesüßte Kräutertees am Tag sein.
  • Regelmäßige Bewegung und sportliche Aktivitäten fördern die Darmbewegung und wirken sich zudem positiv auf die Psyche aus.
  • Entspannungstechniken wie Yoga, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training helfen dabei, mit Alltagsstress umzugehen.
  • Psychologische Unterstützung holen: Kognitive Verhaltenstherapien können helfen, den Teufelskreis aus physischen und psychischen Beschwerden zu durchbrechen.

Darüber sprechen

Die menschliche Verdauung ist ein Tabuthema, über das glücklicherweise immer häufiger gesprochen wird. Wir alle müssen schließlich auf Toilette und haben Stuhlgang, Blähungen oder ab und an mit Verstopfung oder Durchfall zu tun. Ein offener Umgang mit den Beschwerden erfordert Mut, aber es kann sehr erleichternd sein, das (nähere) Umfeld ins Vertrauen zu ziehen. Gleichermaßen kann der Austausch mit anderen Betroffenen, Psychotherapeuten oder Ernährungsberatern sehr hilfreich sein und zeigen: Sie sind nicht allein.

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Quelle

1Klasen, J., Riedl, M., & Fleck, A. (2018): Die Ernährungs-Docs: Gute Verdauung. Die besten Ernährungsstrategien bei Reizdarm, Zöliakie, Morbus Crohn & Co. ZS Verlag.
2Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 463–70; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0463.

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