Chancen und Herausforderungen für Unternehmen durch Digitalisierung und gewandelte Einstellung der Mitarbeiter

Menschen fühlten sich noch nie so gehetzt wie heute: Mitarbeiter in Großraumbüros werden durchschnittlich alle sieben Minuten von der Arbeit abgelenkt. Während Führungskräfte früher etwa 1.000 Briefe pro Jahr bearbeiteten, sind es heute rund 30.000 Emails. „Wir sollten wieder lernen, Dinge zu verpassen“, riet Jonas Geißler vom Institut für Zeitberatung bei einer BGM-Fachtagung der BKK Mobil Oil. Die Krankenkasse hatte rund 50 Unternehmensvertreter eingeladen, um ihnen Tipps für einen gesunden Arbeitsalltag zu geben und einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Wie sich die Arbeitgeberattraktivität durch ein gutes BGM steigern lässt, veranschaulichten Experten in Vorträgen und Workshops. Jeanette Huber vom Zukunftsinstitut erklärte, wie Unternehmen die Digitalisierung nutzen können, um mehr Gesundheit in ihren Betrieb zu bringen und die gesundheitliche Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter zu stärken.

Wie Mitarbeiter mehr Zeitzufriedenheit durch mehr Zeitkompetenz entwickeln, zeigte Geißler auf. Der Experte für Systemische Organisationsentwicklung hat mehrere Bücher geschrieben, unter anderem „Time is honey – vom klugen Umgang mit der Zeit“.

„Wir sind immer und überall erreichbar und sollen stetig mehr in gleicher Zeit bewältigen – unsere bewusste Aufmerksamkeit ist aber begrenzt. Viele fühlen sich dauergestresst. Um gesund und belastbar zu bleiben, müssen wir lernen, Grenzen zu setzen.“

Drei Empfehlungen des Zeitexperten:

  • Fokussieren und Verzichten

„Aufgrund ständiger Unterbrechungen schaffen viele Mitarbeiter gefühlt zu wenig und gehen abends unzufrieden nach Hause.“ Alles, was die Konzentration ungefragt unterbreche und nach sofortiger Aufmerksamkeit schreie – wie Push-Benachrichtigungen für Emails, Anrufe oder Smartphone – sollte zu bestimmten Zeiten ausgeblendet werden. Bei vielen Unternehmen seien beispielsweise Sprechzeiten wieder im Trend, damit Mitarbeiter in der übrigen Zeit ungestört arbeiten können.

  • Rhythmisch leben und arbeiten

„In Berufen, die zeitliche Flexibilität erlauben, sollten Mitarbeiter kommen, wenn sie arbeitsfähig sind, nicht beispielsweise pünktlich um 8:00 Uhr. Die einen sind Lerchen, die anderen Eulen – wenn jeder erst beginnt, wenn er fit ist, ist er auch produktiver.“

  • Nichtraucher-Pausen-Kultur leben

„Pausen sind wichtig für die Regeneration – das kennen wir aus dem Spitzensport.“ Für mehr Arbeits- und Lebenszeitqualität sowie mehr Produktivität rät Geißler Unternehmen, eine Nichtraucher-Pausen-Kultur zu leben, denn „wir können uns nur 75 bis 90 Minuten am Stück konzentrieren. Danach brauchen wir fünf bis zehn Minuten Pause.“ Ein Powernap nach dem Mittagessen erhöhe die Produktivität laut Studien um rund 20 Prozent – „Unternehmen sollten daher eigentlich Betten für ihre Mitarbeiter aufstellen.“

Mehr gesundheitliche Selbstverantwortung durch Digitalisierung

„Wir sehen uns immer mehr als Lebensgestalter. Unser Bedürfnis nach maßgeschneiderten Angeboten steigt“, erklärte Zukunftsforscherin Jeanette Huber. „So hat jeder auch eine persönliche Gesundheitszufriedenheit, das heißt, man kann nicht ganz gesund sein – etwa Diabetes haben – aber trotzdem das Leben genießen.“ Chronische Krankheiten sorgen für enorme wirtschaftliche Verluste – allein Diabetes kostete die Weltwirtschaft im Jahr 2015 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Quelle: The Lancet, 01. Juni 2017). Huber ermutigt Unternehmen daher, die Digitalisierung zu nutzen, um mehr Gesundheit in ihren Betrieb zu bringen und die gesundheitliche Selbstverantwortung ihres Teams zu steigern. Laut einer repräsentativen Verbraucherbefragung von Bitkom Research verwendet bereits fast jeder zweite Smartphone-Nutzer Gesundheits-Apps. Am beliebtesten sind Apps, die ausschließlich Körper- und Fitnessdaten wie Herzfrequenz, Blutdruck oder zurückgelegte Schritte aufzeichnen. Drei von vier Befragten gaben an, solche Apps zu nutzen, um ihre Gesundheit zu verbessern. 51 Prozent macht es schlicht Spaß, die eigenen Körper- und Fitnessdaten regelmäßig zu überprüfen.

„Demokratisierung der Diagnostik“ als Zukunft der Gesundheit

Die „Demokratisierung der Diagnostik“ bezeichnet Huber als Zukunft der Gesundheit: Mit speziellen Smartwatches könne jeder beispielsweise ein EKG unterwegs und zu jeder Zeit durchführen und müsse dafür nicht extra einen Arzt aufsuchen. Ein weiterer Vorteil: Der Patient habe stets Zugang zu seinen Gesundheitsdaten und könne seine Gesundheit so selbst managen. Laut einer Studie des Zukunftsinstituts seien 47 Prozent der Deutschen technische Innovationen zur selbständigen Kontrolle ihrer Gesundheit wichtig.

Bisher haben viele erst bei speziellen Symptomen einen Arzt aufgesucht, inzwischen könne eine Vielzahl an Gesundheitsdaten kontinuierlich von jedem selbst erhoben werden. Auf diese Weise sei es App-Nutzern möglich, proaktiv zu handeln, sie könnten Daten voranalysieren und bei Auffälligkeiten früher einen Experten aufsuchen.

„Spaß sorgt für Veränderung“ – mehr Begeisterung in der Kommunikation Mitarbeiter wünschen sich laut einer Studie des Zukunftsinstituts individuelle Gesundheitsangebote sowie Möglichkeiten, sich mit Experten auszutauschen, etwa per Chat – nicht als Ersatz für einen Arztbesuch, sondern als niedrigschwellige Zwischenstufe. Für die Kommunikation im Bereich BGM rät Huber zu mehr Kreativität und Begeisterung: „Der Weg zur Gesundheit läuft nicht über Tipps zur Beseitigung der Krankheit. Gesundheit entsteht aus Positivem – Spaß sorgt für Veränderung.“ Die Teilnahme an einem Firmenlauf beispielsweise diene nicht ausschließlich der Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen – vielmehr gehe es um ein Wir-Gefühl und nicht zuletzt auch um die Anerkennung von Kollegen.

„Ein gutes BGM ist ein Aushängeschild für das Unternehmen“

„BGM ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der modernen Arbeitswelt“, betonte Ansgar Krümpelbeck, Leiter Prävention und Gesundheitsförderung der BKK Mobil Oil. Veränderungen, steigende Anforderungen und verschwimmende Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben beanspruchen die Gesundheit der Mitarbeiter. Chronische und psychische Erkrankungen nehmen parallel zur demografischen Entwicklung zu. Präventive, gesundheitsfördernde Maßnahmen werden daher zunehmend wichtiger. Krümpelbeck: „BGM bedeutet Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Ein gutes BGM kann die Lebensqualität der Mitarbeiter verbessern, sie begeistern und ist ein Aushängeschild für das Unternehmen.“

Maßgeschneiderte Konzepte und Multiplikatorenschulungen

Die BKK Mobil Oil unterstützt Unternehmen dabei, ein ganzheitlich gesundes, attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und die Gesundheit der Mitarbeiter nachhaltig und systematisch zu verbessern. Die Krankenkasse ermöglicht maßgeschneiderte Beratungen, Konzepte, Multiplikatorenschulungen (Lehrgang „Fachkraft für Betriebliches Gesundheitsmanagement“, Ausbildung „Betrieblicher Bewegungs-Coach“) und Programme. Drei Beispiele:

  • Altersstrukturanalyse mit Demografie-Kompass

Welche Veränderungen entstehen im Unternehmen durch das Altern der Belegschaft – ist die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter gesichert? Ein Kurzcheck ermöglicht eine Altersstrukturanalyse. So kann die Unternehmensführung Ressourcen und eventuelle Problembereiche identifizieren und den Betrieb mit zielorientierten Maßnahmen auf die Folgen des demografischen Wandels vorbereiten.

  • Aktivmobil 4.0

Prävention benötigt Zeit: Dieses Programm bildet die Grundlage, um Mitarbeiter über zwölf Wochen für die eigene Gesundheit zu sensibilisieren. Nach einer umfangreichen, digitalen Gesundheitsanalyse zu Aktivität, Entspannung, Schlaf und Risiken erhält jeder einzelne ein individuelles Angebot zur dauerhaften Verbesserung seines Lebensstils.

  • Brainreport

Mentale Fitness ist ein elementarer Bestandteil der Gesundheit und kann trainiert werden. Mittels EEG-Screening werden Gehirnaktivität, mentale Leistungsfähigkeit und potentielle Beeinträchtigungen gemessen. Im Anschluss erhält jeder Teilnehmer einen persönlichen Bericht mit abgestimmten Handlungsempfehlungen und Übungen.

Weitere Informationen unter www.bkk-mobil-oil.de/bgm.

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Autor: Mobil Krankenkasse