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Gesundheit 03/2023
Mittelalter Mann im Homeoffice steht auf und hat Rückenschmerzen.

Dem Schmerz den Rücken kehren – so bleibt Ihr Rücken fit

Hexenschuss, Bandscheibenvorfall, Verspannungen: Rückenschmerzen können sich ganz unterschiedlich äußern. Doch wie kann man diesen Schmerzen entgegenwirken und die Rückengesundheit verbessern? Allgemeinmediziner Dr. med. Jan Philipp Albersmeier klärt auf.

Fast jeder kennt sie und morgens beim Aufstehen können sie einem schnell die Laune verderben: Rückenschmerzen. In Deutschland zählen sie zu den Volkskrankheiten schlechthin und sind eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit. Im Interview mit unserem Allgemeinmediziner Dr. med. Jan Philipp Albersmeier geben wir Ihnen viele Informationen und hilfreiche Tipps, damit Sie im Fall der Fälle wissen, was zu tun ist.

Arzt Dr. Jan-Philipp Albersmeier lächelt in Kamera.
Allgemeinmediziner Dr. Jan-Philipp Albersmeier
© privat

Herr Dr. Albersmeier, ein Großteil der deutschen Bevölkerung leidet regelmäßig unter Rückenschmerzen. Woran liegt das?

Dr. Albersmeier: Die Hauptursache für Rückenschmerzen ist ein Mangel an körperlicher Aktivität und eine damit einhergehende schwache Muskulatur im gesamten Bewegungsapparat. Viele Menschen verbringen den Großteil ihres Tages sitzend und inaktiv, sei es im Büro, im Auto oder zu Hause vor dem Bildschirm. Übergewicht, welches mit einem inaktiven Lebensstil korreliert, führt zu weiterer Belastung der Wirbelsäule.

Zudem können Stress, ungesunde Ernährung und Schlafmangel im Einzelnen oder in Kombination mit den oben genannten Gründen zu Rückenschmerzen führen. Natürlich ist aber auch Überlastung, d. h. zu viel oder falsches Training eine mögliche Ursache von Rückenschmerzen. Dies kennt wahrscheinlich jeder, der sportlich schon einmal an seine Grenzen gekommen ist. 

Eine schlechte Ergonomie im beruflichen Alltag kann ebenfalls zu Rückenbeschwerden führen. Wenn Menschen über längere Zeit in einer ungünstigen Position sitzen oder arbeiten, kann dies Schmerzen auslösen. Die Betonung liegt hierbei auf dem Wort „kann“. Wer regelmäßig Bewegung in den Arbeitsalltag einbaut und seinen Körper auch sonst aktiv hält, der vermindert das Risiko langfristiger Schmerzen durch einseitige Körperhaltung.

Rückenschmerzen werden aber auch durch Verletzungen wie Bandscheibenvorfälle, Knochenbrüche, Durchblutungsstörungen, Infektionen oder Tumoren verursacht. Zudem gibt es eine Anzahl an rheumatologischen Krankheitsbildern, bei denen Rückenschmerzen auftreten können. Diese Gründe möchte ich nicht verharmlosen, jedoch sehen wir sie im klinischen Alltag deutlich seltener.

Es zeigt sich also: Rückenschmerzen können verschiedene Ursachen haben und sind von mehreren Faktoren abhängig.

Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es und welche kommt am häufigsten vor?

Dr. Albersmeier: Es gibt verschiedene Arten von Rückenschmerzen, die sich je nach Ursache und betroffenem Bereich unterscheiden. Nicht-spezifische Rückenschmerzen kommen am häufigsten vor. Sie werden als nicht-spezifisch bezeichnet, da keine direkte Ursache wie eine Verletzung oder Erkrankung identifiziert werden kann. Sie werden vor allem durch die, in der ersten Frage erklärten Verhaltensmuster, ausgelöst.

Spezifische Rückenschmerzen wiederum haben eine klar identifizierbare Ursache. Hier gehören degenerative Bandscheibenerkrankungen, Bandscheibenvorfälle sowie das Facettengelenksyndrom zu den häufigsten Gründen. Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen leiden ebenfalls häufig unter Rückenschmerzen. Diese Erkrankungen betreffen die Gelenke, Muskeln und/oder das Bindegewebe und können mit Entzündungen, Schmerzen und Steifheit einhergehen.

Was kann ich selbst bei akuten Rückenschmerzen tun?

Dr. Albersmeier: Jeder, der schon einmal akute Rückenschmerzen hatte und z. B. vor Schmerzen in der Lendenwirbelsäule nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte, weiß, dass man sich in diesem Moment sehr hilflos und verletzlich fühlt.

Hier empfehle ich folgenden Ansatz: Ruhe bewahren und langsam versuchen, die schmerzhafte Region wieder zu bewegen. Dies kann allein geschehen oder auch gern mithilfe von Angehörigen. Die gute Nachricht ist: Die meisten Rückenschmerzen verschwinden wieder von selbst.

Bei akuten, immobilisierenden Schmerzen im unteren Rücken ist die Stufenlagerung ein guter Einstieg in die Eigenübungen. Die Beine werden leicht erhöht abgelegt, um dann konzentriert in den Bauch ein- und auszuatmen. Hierdurch können sich verspannte Muskeln lockern und die Bandscheiben werden entlastet. In dieser Position sollte jedoch nicht zu lang verharrt werden, denn dann können sich die Vorteile umkehren. Weitere eigene Maßnahmen können Wärmeanwendungen in den betroffenen Bereichen, Dehnübungen und leichtes Krafttraining sein. Die Idee ist, wieder Bewegung in den betroffenen Muskeln und Gelenken zu ermöglichen und somit Schmerzen zu reduzieren. Bettruhe ist hierbei kontraproduktiv und verlängert den Heilungsprozess.

Die Schmerzursache und auch die Dringlichkeit der Behandlung einschätzen zu können, ist für die Schmerzbewältigung essenziell. Wer sich hier unsicher fühlt und externe Hilfe benötigt, dem rate ich, sich beim Hausarzt oder weiteren Therapeuten des Vertrauens vorzustellen.

Bei akuten Rückenschmerzen ist der im Volksmund genannte „Hexenschuss“ die häufigste Ursache für Schmerzen. Hierbei kommt es zur kurzzeitigen Überlastung des Gewebes und entsprechender Schmerzwahrnehmung. Seltener kommt es zu schwerwiegenden Bandscheibenvorfällen, die direkte ärztliche Behandlung benötigen. Es gibt jedoch einige wenige klinische Zeichen, bei denen man direkt handeln muss. Diese sind: Lähmung und/oder Taubheitsgefühle in den Beinen, Taubheitsgefühle in der Leistengegend und Inkontinenz. Diese können Anzeichen für ein akutes Cauda-Equina-Syndrom sein und müssen sofort notfallmäßig behandelt werden. Alle anderen Beschwerden können zwar sehr schmerzhaft sein, sind aber kein Notfall.

Eine Sache ist mir noch wichtig: Aufgrund der Möglichkeiten der modernen Medizin erwarten viele Patienten, dass wir Ärzte bei akuten Rückenschmerzen direkt bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT-Untersuchungen durchführen. Dies ist jedoch erst bei Schmerzen, die länger als sechs Wochen bestehen oder sogenannten „Red Flags“ d. h. Warnhinweisen, die auf gefährliche Verläufe hindeuten, indiziert. Eine schnelle Bildgebung bei akutem Rückenschmerz ist daher kein Qualitätsmerkmal und führt nachweislich zu Fehldiagnosen und zur Chronifizierung von Schmerzen.

Was halten Sie von Behandlungen von Rückenschmerzen in Eigenregie?

Dr. Albersmeier: Bei den Gründen für Krankschreibungen sind Rückenbeschwerden weiterhin der Spitzenreiter und deshalb sehen wir Hausärzte primär auch viele dieser Patienten. Je nach Intensität der Beschwerden und der körperlichen Anforderung des Berufs ist eine Krankschreibung auch kurzzeitig gerechtfertigt. Behandlungen von Rückenschmerzen in Eigenregie sind hier jedoch essenziell, um zeitnah eine Verbesserung zu erzielen. Das Erlernen von Bewegungsroutinen im Alltag kann sowohl präventiv wirken, als auch im akuten Fall von Schmerzen hilfreich sein.

Ärzten fehlt im Alltag der Sprechstunde leider oft die Zeit und teilweise auch das Wissen, um spezifische Übungen zu erklären. Hierfür gibt es zahlreiche günstige oder auch kostenlose Lektüren im Internet sowie Online-Webinare und Videomaterial in den sozialen Netzwerken. Durch die Pandemie ist hier ein erstaunlicher Qualitätssprung im Online-Angebot zu verzeichnen. Als Laie ist es jedoch manchmal schwierig, im Dschungel der Angebote den Überblick zu wahren. Mit Körpereigenübungen kann man jedoch in den seltensten Fällen etwas falsch machen, von daher einfach trauen und loslegen.

Allerdings ist es wichtig, die Grenzen der Selbstbehandlung zu erkennen. Es gibt bestimmte Situationen, in denen es ratsam ist, professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dazu gehören:

  • Starke, anhaltende oder sich verschlimmernde Schmerzen: Wenn die Schmerzen sehr intensiv sind und sich unter der Selbsttherapie verschlimmern, kann dies ein Zeichen für eine zugrunde liegende Erkrankung sein, die medizinische Aufmerksamkeit erfordert.
  • Neurologische Symptome: Wenn Rückenschmerzen mit Taubheit, Kribbeln, Schwäche oder anderen neurologischen Symptomen in den Extremitäten einhergehen, kann dies auf Nervenkompression oder andere ernstere Probleme hinweisen.
  • Wenn bereits Vorerkrankungen oder Verletzungen in Zusammenhang mit dem Rücken bestehen, ist es wichtig, ärztlichen Rat einzuholen, um mögliche Komplikationen zu vermeiden.
  • Andere Symptome: Begleitende Symptome wie Fieber, ungewollter Gewichtsverlust oder Veränderungen der Blasen- und Darmfunktion sollten ebenfalls sofort ärztlich abgeklärt werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Selbstbehandlung nicht für jeden geeignet ist. Jeder Fall von Rückenschmerzen ist einzigartig und individuelle Umstände und medizinische Vorgeschichten können eine Rolle spielen.

Welche Auswirkungen können Rückenschmerzen auf den Rest des Körpers haben?

Dr. Albersmeier: Hier unterscheidet man zwischen akuten und chronischen Rückenschmerzen. Zu ersterem kann man kurz und knapp sagen: schlecht behandelter und vor allem schlecht an Patienten vermittelter akuter Rückenschmerz führt zu Vermeidungsverhalten. Leidtragende fürchten, dass schon alltägliche Bewegungen noch mehr kaputt machen könnten – zum Beispiel eine Bandscheibe herausspringen lassen oder einen Nerv einklemmen. Dieses Vermeidungsverhalten begünstigt die Entwicklung von chronischen Rückenschmerzen und gilt es zu verhindern.

Chronischer Rückenschmerz wird definiert als anhaltender oder wiederkehrender Schmerz im Bereich des Rückens, der länger als drei Monate anhält. Folgen hiervon sind Einschränkungen bei alltäglichen Aktivitäten, der körperlichen Leistungsfähigkeit und des Schlafes. Schlafstörungen können wiederum die Schmerzwahrnehmung verstärken und zu einem Teufelskreis aus Schmerzen und Schlafproblemen führen.

Zudem haben sie erhebliche psychische Auswirkungen. Die ständige Belastung durch Schmerzen und die Einschränkungen im täglichen Leben können das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität beeinträchtigen. Chronische Schmerzen setzen den Körper somit kontinuierlich Stress aus. Dies kann zu einer erhöhten Produktion von Stresshormonen wie Cortisol führen, die wiederum das Immunsystem beeinflussen und Entzündungsprozesse verstärken. Chronischer Stress kann auch andere körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme und erhöhten Blutdruck verursachen. Zudem wird das Nervensystem beeinflusst, welches zu Veränderungen in der Schmerzwahrnehmung führt.

Fazit: Ein gut therapierter Rückenschmerz, ob akut oder chronisch, ist also essenziell für eine gute Lebensqualität.

Wie kann ich Rückenschmerzen präventiv entgegenwirken und meine Rückengesundheit erhöhen?

Dr. Albersmeier: Der beste Weg zu einem nachhaltig gesunden Rücken ist Bewegung und Krafttraining. Dazu gehören Bewegungsroutinen während des Arbeitsalltags und zielgerichteter Muskelaufbau mit Gewichten. Hier gilt: Lieber täglich etwas weniger machen als zweimal die Woche zu viel.

Zu Beginn ist dabei gar nicht so wichtig, was man macht. Viel wichtiger ist es, unterschiedliche Arten körperlicher Aktivität regelmäßigen durchzuführen. Eine einseitige Belastung ist zudem Gift für den Bewegungsapparat, d. h. regelmäßiges Wechseln der Körperhaltung ist Prävention von Rückenschmerz. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch z. B. ist optimal, um auch während der Arbeit die Position häufig wechseln zu können. Gesunde Ernährung ist ebenfalls ein großer Faktor, idealerweise mit einem überwiegenden Anteil an Gemüse und Proteinen, sowie nicht zu viel Zucker und Alkohol. Und zum Schluss kommt die Empfehlung, sich bewusste Auszeiten zu nehmen, um abzuschalten. Die Reduktion von Stress ist essenziell, um gesund durch das Leben zu gehen.

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